Buchtipp Juli 2024

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Durch die Anwesenheit einer anderen inneren Erfahrung wurde ich aufmerksam auf die Überschreitung.

Marica Bodrožić*

 

Barbara Rossi und Barbara Schleth: Ich liebe die Tage. Lyrische Prosa. Edition Maya, Heimbachtal 2024

 

Was verbindet das Autorinnen-Duo Barbara Rossi und Barbara Schleth in dem hier gemeinsam vorgelegten Band Ich liebe die Tage in fünf Kapiteln: „1 Tage im Faltenwurf“, “2 Was ich liebe“, „3 Familiengeflecht“, „4 Tränendes Herz“ und „5 Blassblaue Versprechen“. Ins Auge fällt zunächst die innere Resonanz, die ähnliche Frequenz, in der ihre Texturen, die sie thematisch wechselseitig bespielen, schwingen. Im Außen sind sie, über ihre Verbundenheit hinaus zu „eXperimenta. Magazin für Literatur, Kunst und Gesellschaft“ – Rossi als Redakteurin, Schleth mit Beiträgen dort vertreten –, erfahrene Navigierende in Sachen Sprache und Bildende Kunst, was sich in diversen Veröffentlichungen und Projekten niedergeschlagen hat. Nicht zuletzt dürfte sich dieser ihren Texten zugrunde liegenden Konstellation die darin zutage tretende erweiterte Perspektive verdanken – Momente der Überschreitung herkömmlicher Ordnung und Verortungen.

So streifen wir mit Rossi durch „Kleine Fluchten“. Musik hören. Stundenlang. Kopfhörer auf, Lautstärke hoch. Liedern für die Ewigkeit lauschen oder Liedern für eine Saison. Lieder jeden Genres. Von der Romantik bis zum ‚knurrenden Gesang der Death Metal Bands‘.

 

Bei Schleth ist es ein „Weicher Blick“ auf eine Szene im Herbst. Wenn Laub unter den Füßen raschelt, die Kastanie in die Manteltasche wandert, der Tag eingesammelt wird, am Ende „Dankbarkeit ein Mantel/aus Stille und Grün“ Leseprobe bleibt.

 

In „2 Was ich liebe“ verweist Rossis „Für wen auch immer“ auf die Ambivalenz, um nicht zu sagen, Unmöglichkeit der Liebe, solange die Beteiligten vom anderen ‚was auch immer‘ erwarten, Wünsche an ihn herantragen. „Lass mich frei, wenn du nicht kannst. Lass mir dir sagen, es tut mir leid. Lass mich nicht alleine ... Lass es mich beenden. Lass mich alles vermissen und nichts bereuen. Lass uns von vorne beginnen“. Leseprobe Man braucht sich gleichermaßen, wie man sich verbraucht.

 

Das nicht selten schmerzhafte Verhältnis zur Mutter kommt in Schleths „Tochter“ in vielschichtigen Bildern zur Sprache. Letztere, „der Zucht/und Ordnung/entkommen“ Leseprobe, ‚taucht erst spät‘ „unter das/Schweigen/gefrorener/Zettel“ Leseprobe, wo sie „Die Angst/der Mutter/Enttäuschung/Flucht und/Schmerz“ Leseprobe findet, ebenso wie „Ganz unten/... klein und verloren/ihr tapferes Muschelherz/ ...“ Leseprobe

 

Ein Höhepunkt „Legacy“ – wie schwer kommt der deutsche Begriff „Vermächtnis“ daher. Hier treibt Rossi die Überlagerung nicht greifbarer Dimensionen auf die Spitze und erzielt eine rational nicht nachvollziehbare Transzendenz, in der sich die Konturen der Form auflösen, Wahrnehmung in Schwingung gerät. Gewidmet Rossis Sohn Vincent – ‚dem Siegenden‘ –, ‚weiß‘ das lyrische Ich „dein reiches Leben blüht in meiner Lunge –/und reden wir von der Witterung/die am Körper abperlt/aber Spuren hinterlässt –/und reden wir von den Landschaftskarten –/ein Meer von Lichtern/und ein ozeantiefer Schrei –/und reden wir weiter von dem was war und ist/dann reden wir vom Anderssein/das uns berührt und verwandelt hat“ Leseprobe

Utopisch & licht mutet Schleths „Was wäre wenn“ an, wenn etwa „ein Stern/vom Himmel fiele/das Kind in uns/gefragt würde/Die Liebenden/sich mehr umarmten/ein Harfenton/durch die Nacht klänge/“ ... “Was wäre dann“ Leseprobe

Unsere Empfehlung: Gleiten Sie mit dem nicht zuletzt auch vom Cover her ansprechenden Band und seiner Fülle an poetischer Inspiration, Gedanken und Geistesblitzen durch die Tage ...                                                                                    

Doch lesen Sie selbst, lesen Sie wohl!

Unser Dank für ein Rezensionsexemplar gilt Edition Maya

*

Marica Bodrožić: Die Rebellion der Liebenden, btb Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe,   GmbH, München 2024

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